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Video – Pferdefleisch auch in Nestlé-Produkt für Gastronomie gefunden – Nationaler Aktionsplan soll Abhilfe in Fleischskandal schaffen

UPDATE (Berlin, 19. Februar 2013) Fleischlieferant ist ein deutsches Unternehmen: Bei Nestlé wurden nun Pferdefleisch-Reste in Fertiggerichten für Italien und Frankreich (“Buitoni Beef Ravioli” und “Beef Tortellini”) gefunden. Die TK-Produkte seien aus dem Handel genommen worden. Ebenfalls zurückgezogen “Lasagnes à la Bolognaise Gourmands”, ein TL-Fleischprodukt von Nestlé Professional für das Gastgewerbe in Frankreich. Damit zieht der Skandal um nicht deklariertes Pferdefleisch weitere Kreise. Obwohl die Pferdefleisch-Funde sehr gering gewesen seien, handele es sich offenbar um Betrug oder grobe Fahrlässigkeit, heißt es dazu bei Nestlé. Die Produkte wurden bislang nicht in Deutschland vertrieben. Aktuelle TV-Berichte dazu sehen Sie bei HOTELIER TV: www.hoteliertv.net

Pferdefleisch wurde im großen Stil in ganz Europa als Rindfleisch deklariert und verarbeitet (Foto: Bergfee/fotolia.com)

Der Enthüllungsjournalist Adrian Peter („Die Fleischmafia“) wies in der gestern live gesendeten ARD-Talkshow „Hart aber fair“ darauf hin, dass es sich bei dem in ganz Europa auftretenden Pferdefleisch wahrscheinlich um sog. Second-Hand- oder Schrottfleisch, das eigentlich nicht mehr handelsfähig sei, handele. „Im aktuellen Fall sei es durchaus denkbar, dass das Pferdefleisch schon zehn Jahre in einem rumänischen Kühlhaus gelegen habe und dann auf den Markt geworfen worden sei, als sich ein Abnehmer fand“, zitiert die „FAZ“ den Fleischexperten.

Die Fleischmafia - Adrian Peter

Schinken-Produzent Jürgen Abraham wies darauf hin, dass oftmals sog. Fleisch-Granulat eingesetzt werde, bei dem man die Herkunft nur schwerlich bestimmen könne.

Falsch gekennzeichnete Produkte mit Pferdefleisch: Bund und Länder legen Nationalen Aktionsplan vor
Bei einem Bund-Länder-Ministertreffen am 18. Februar 2013 haben die Verbraucherminister der Länder und des Bundes den aktuellen Sachstand im europaweiten Skandal um Pferdefleisch in falsch gekennzeichneten Fertigprodukten erörtert sowie über erste Konsequenzen beraten. Sie einigten sich in ihren Beratungen auf einen Nationalen Aktionsplan, der unter anderem eine konsequente Umsetzung des EU-Aktionsplans und ein erweitertes Untersuchungsprogramm für Deutschland vorsieht, eine koordinierte, aktive Verbraucherinformation, eine europaweite Herkunftskennzeichnung auch für verarbeitete Fleischprodukte, eine gezielte Stärkung regionaler Kreisläufe sowie die Prüfung eines Frühwarnsystems. Die Lebensmittelverarbeitenden Unternehmen sind für die Sicherheit und die Kennzeichnung der von ihnen erzeugten Produkte primär verantwortlich.

1. Kurzfristige nationale Umsetzung des EU-Aktionsplans
In einem EU-weit koordinierten Untersuchungsprogramm werden Fleischprodukte auf die Beimischung nicht deklarierten Pferdefleisches untersucht. Gleichzeitig wird Pferdefleisch gezielt auf Rückstände von Tierarzneimitteln, die nicht für die Lebensmittelproduktion zugelassen sind, untersucht. Damit soll einerseits Falschdeklaration aufgedeckt werden, gleichzeitig aber auch die Sicherheit legal erzeugten und verarbeiteten Pferdefleisches überprüft werden. Untersucht werden sollen Waren aus EU-Staaten, aber auch Importwaren. Die Untersuchungen sollen Ende März abgeschlossen sein.

2. Aufstellung eines erweiterten Untersuchungsprogramms “Deutschland plus”
In Deutschland werden über die EU-Vorgaben hinaus zusätzliche Proben von Fleischerzeugnissen auch auf andere nicht deklarierte Fleischzutaten untersucht. Bund und Länder stellen gemeinsam bis Ende Februar 2013 dieses zusätzliche Untersuchungsprogramm auf. Sie streben an, die Untersuchungen bis Ende April abzuschließen. Der Bund unterstützt die Länder mit Untersuchungskapazitäten in Bundeseinrichtungen.

3. Überprüfung der Eigenkontrollsysteme
Die Verbraucherministerinnen und -minister der Länder und des Bundes werden die Anforderung an die Eigenkontrollsysteme der Unternehmen, auch im Hinblick auf Täuschung und Irreführung bei Lebensmitteln überprüfen.

4. Überprüfung der Informationspflichten von Unternehmen gegenüber den Behörden.
Die Verbraucherministerinnen und -minister der Länder und des Bundes sprechen sich dafür aus, die Informationspflichten der Unternehmen gegenüber den Behörden zu überprüfen.

5. Bereitstellung aktueller Verbraucherinformationen über Internet und Hotline
Bund und Länder stellen die verfügbaren Informationen über zurückgerufene Produkte in übersichtlicher Form zusammen und machen diese Informationen über eine zentrale Internetseite zugänglich. Ergänzend steht auch eine telefonische Hotline bereit: Verbraucher können sich bei Fragen an die Verbraucherlotsen des Bundesverbraucherministeriums wenden unter der Telefonnummer 0228 – 24 25 26 27 (Montag bis Freitag, 8:00 bis 18:00 Uhr)

6. Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Verbraucherinformation
Bund und Länder entwickeln die vorhandenen rechtlichen Regelungen zur Information von Verbraucherinnen und Verbraucher über beanstandete Produkte, Vertriebswege und Unternehmen weiter. Ziel ist es, diese rechtssicher, praxistauglich und angemessen im Sinne des gesundheitlichen Verbraucherschutzes und des Täuschungsschutzes zu optimieren.

7. Frühwarnsystem “Materielle Anreize zur Verbrauchertäuschung”
Das Bundesverbraucherministerium prüft, wie wissenschaftsbasiert ein Frühwarnsystem entwickelt werden kann, das systemimmanente materielle Anreize zur Verbrauchertäuschung erkennt. Damit könnten Überwachungsbehörden in die Lage versetzt werden, proaktiv gegen vermutete Täuschungen aber auch gegen mit Täuschungen verbundene gesundheitliche Risiken bei der Produktion von Lebensmitteln vorzugehen. Systematische Beobachtungen von Produktionsvolumina, Preisveränderungen und Warenströmen können dafür die Grundlage bieten.

8. Überprüfung der Sanktionsmöglichkeiten
Die Verbraucherschutzministerinnen und -minister der Länder und des Bundes sind sich einig, dass sich Täuschung bei Lebensmitteln nicht lohnen darf. Deshalb sollen der straf- und bußgeldrechtliche Sanktionsrahmen sowie die Schaffung praktikabler Möglichkeiten zur Abschöpfung von Unrechtsgewinnen, zum Beispiel in Anlehnung an das Kartellrecht, überprüft werden.

9. Europaweite Herkunftskennzeichnung auch für verarbeitete Lebensmittel
Die Herkunft der einzelnen Zutaten muss derzeit auf verarbeiteten Lebensmitteln nicht angegeben werden. Mit der EU-Lebensmittel-Informationsverordnung wurde die EU-Kommission beauftragt, bis Ende des Jahres 2013 einen Bericht vorzulegen, ob eine Herkunftskennzeichnung auch für Lebensmittel, bei denen Fleisch als Zutat verwendet wird, sinnvoll und machbar ist. Dabei ist zu prüfen, welche Informationen auf der Verpackung oder anderweitig, zum Beispiel im Internet, zu veröffentlichen sind. Die Verbraucherschutzministerinnen und -minister der Länder und des Bundes sehen generell Handlungsbedarf für verarbeitete Lebensmittel und begrüßen, dass die EU-Kommission nun eine Beschleunigung ihrer Arbeiten zugesagt hat. Auch wenn damit ein mit krimineller Energie durchgeführter Betrug nicht verhindert werden kann, unterstützt Deutschland eine Erweiterung der bestehenden Herkunftskennzeichnung. Ziel muss es sein, möglichst noch in diesem Jahr über Eckpunkte einer Herkunftskennzeichnung zu beraten, die EU-weit eingeführt wird und verbindlich für alle Unternehmen im gemeinsamen Binnenmarkt gilt. Eine erweiterte Herkunftskennzeichnung erhöht die Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher und ist die Grundlage zur Rückgewinnung verlorenen Vertrauens in die Lebensmittelproduktion.

10. Stärkung regionaler Kreisläufe auf dem deutschen Lebensmittelmarkt
Deutschland erlebt eine Renaissance des Regionalen. Immer mehr Verbraucher wollen höherwertige Lebensmittel aus der Heimat kaufen. Eine Umfrage im Auftrag des BMELV hat ergeben, dass es für 67 Prozent aller Verbraucher wichtig ist, dass Lebensmittel aus einer bestimmten Region kommen. Regionalität wird beim Einkauf von Lebensmitteln ein immer bedeutenderes Kriterium. Die Verbraucherschutzministerinnen und -minister der Länder und des Bundes unterstützen die Wünsche der Verbraucher durch die Etablierung einer klaren Kennzeichnung: Um regionale Kreisläufe zu fördern und auf den Verpackungen für mehr Transparenz zu sorgen, führen wir ein Regionalfenster ein, das mit einem Blick die Herkunft der wichtigsten Zutaten zeigt. Wichtig ist eine transparente, übersichtliche und verlässliche Kennzeichnung regionaler Produkte.

Fragen und Antworten zu falsch deklarierten Produkten mit Pferdefleisch: http://www.bmelv.de/SharedDocs/Standardartikel/Ernaehrung/SichereLebensmittel/Kennzeichnung/Pferdefleisch_FAQ.html